Vor wenigen Tagen ist Prof. Dr. Reinhard Rürup (1934-2018) im Alter von 83 Jahren gestorben. Reinhard Rürup war ein herausragender Historiker, der mit seinen Publikationen der Forschung entscheidende Impulse gegeben hat, und ein überaus feinsinniger und engagierter Kollege, ohne dessen tatkräftiger Initiative die heute mit einer jährlichen Zahl von über einer Million Besucherinnen und Besuchern zentralen Berliner Gedenkstätte Topographie des Terrors nicht verwirklicht worden wäre.
Reinhard Rürup studierte Geschichte und Germanistik in Freiburg und Göttingen, promovierte 1962 bei Percy Ernst Schramm mit einer Studie über den Pietisten Johann Jakob Moser, und war anschliessend Assistent am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin. Nach seiner Habilitation wurde er 1975 zum Professor für Neuere Geschichte an der Technischen Universität Berlin berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1999 blieb, mit Gastprofessuren in Berkeley, Stanford, Harvard und Jerusalem. Seine zahlreichen Doktorand/innen und Habilitand/innen haben heute selbst renommierte wissenschaftliche Positionen inne.
Rürup gehörte zunächst zu den Reformern der Geschichte der Revolution 1918/19 in Deutschland und befreite deren Historiographie von den politischen Schlacken des Kalten Krieges. Internationales Renommee erwarb er sich mit seinen Studien zum Antisemitismus in Deutschland und Europa, die sozial- wie kulturgeschichtlich einen Standard für die historische Antisemitismusforschung setzten. Von 1999 bis 2005 leitete er zusammen mit Wolfgang Schieder das umfassende Forschungsprojekt zur Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (der Vorläuferorganisation der heutigen Max-Planck-Gesellschaft) im Nationalsozialismus, das wiederum einen Meilenstein in der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der deutschen Wissenschaftsgeschichte darstellte.
Wer das Glück hatte, mit Reinhard Rürup zusammenzuarbeiten, weiss, mit welcher fachlichen Kompetenz, Neugier und Aufmerksamkeit er die Forschungen anderer beobachtete, mit Kritik nicht sparte, sie jedoch stets mit Respekt und Anerkennung zu formulieren wusste und damit einen Ton wissenschaftlicher Kooperation setzte, der schon damals selten war und den wir heute vermissen. Seine große Kompetenz, als Mediator zu wirken, hat ihn auch nach seiner Emeritierung zu einem gefragten Vorsitzenden von wissenschaftlichen Gremien werden lassen. Reinhard Ruerup hat gezeigt, dass wissenschaftlicher Klarheit, fachliche Kompetenz, gesellschaftliches Engagement und respektvolle Kollegialität miteinander verbunden sein können. Wir werden ihn sehr vermissen.