History matters

Im Rausch des Bildersturms

„Völlig sinnlos, noch etwas zu sagen, da mitten hinein ins Gebrüll. Niemand hört zu, im schlimmsten Fall brüllen sie lauter […] denn die Deutschen sind ja deswegen so laut, weil sie es seit Jahren so verdammt ernst meinen mit der Bekämpfung des Antisemitismus in ihrem Land und darin gerade wieder so schrecklich betrogen worden sind. Dabei zerstört vor allem dieses Brüllen alles, jedes Ringen um Vernunft, Augenmaß, Verständigung, Fakten.“
Eva Menasses geistreicher Essay zur Debatte um Antisemitismus und Documenta im SPIEGEL

Gespür für historische Umbrüche

Rezension von Dietmar Süß in der Süddeutschen Zeitung vom 31. Januar 2022:
„Michael Wildt hat ein grandioses Buch über die Zeit zwischen 1918 und 1945 geschrieben. In „Zerborstene Zeit“ geht es nicht um ein glattes Narrativ, sondern um die Empfindungen und Erfahrungen der Zeitgenossen: „Geschichte von unten“ in seiner besten Ausprägung.“ Mehr lesen…

Brüche in den Individuen: Michael Wildt über „Zerborstene Zeit“

Nicht von den Kommandohöhen der Politik die Geschichte der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus betrachten, war das Anliegen des Historikers Michael Wildt für sein neues Buch. Stattdessen rückt er die Wahrnehmungs- und Erfahrungsgeschichte in den Fokus, etwa durch private Tagebücher von Zeitzeugen.
Ein Gespräch zwischen Harald Asel und Michael Wildt auf Inforadio Berlin. Hier zum Nachhören.

Elisabeth von Dücker

Erst heute habe ich erfahren, dass eine wunderbare Kollegin, Historikerin: Elisabeth von Dücker am 9. Juli 2020 gestorben ist. Ich kannte sie als Gründerin und inspirierende Kraft des Stadtteilarchivs Ottensen; sie hat das fabelhafte Wandbild „Frauenarbeit im Hamburger Hafen“ mit anderen Frauen und Künstlerinnen realisiert; sie war im Altonaer Museum und im Hamburger Museum der Arbeit eine engagierte Kustodin, die die damals anstößige, anstoßende Ausstellung „Sexarbeit“ kuratiert hat… und vieles mehr. Ich habe sie sehr geschätzt und trauere um sie! Wer mehr über sie erfahren möchte, sollte dieses schöne Porträt von Juliane Brumberg lesen.

Nein, Herr Posener…

… wer Achille Mbembe kritisieren will, muss ihn korrekt und vollständig zitieren. Das tun Sie nicht.

Um Ihren Vorwurf, Mbembe sei ein Holocaust-Relativierer zu untermauern, schrieben Sie: „Für Mbembe sind ‚das Apartheidsystem in Südafrika (Weiterlesen →)

Was lehrt uns die Debatte um Achille Mbembe?

Seit zwei Monaten läuft eine Debatte, die mit Antisemitismus-Vorwürfen gegen den afrikanischen Philosophen Achilles Mbembe begann und seitdem immer umfassender wird. Worum geht es? Und was folgt daraus für die deutsche Erinnerungskultur? Ein Streitgespräch im Deutschlandfunk Kultur am 12. Juni 2020 zwischen Alan Posener, René Aguigah und Michael Wildt, moderiert von Susanne Führmann.
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Buchkritik im Deutschlandfunk Kultur

Jens Balzer bespricht „Die Ambivalenz des Volkes“
„Der Band besteht aus einer Reihe von Aufsätzen, die größtenteils schon in Fachpublikationen veröffentlicht wurden. Doch ist die Lektüre auch für den geschichtswissenschaftlichen Laien ein großer Gewinn: Eindrücklich verbindet Wildt Politik- und Alltagsgeschichte.“
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Völkische Moderne

Michael Wildt beschreibt die NS-Gesellschaft als eine der trügerischen Gleichheit. Rezension von Hannes Schwenger im „Tagesspiegel“ vom 14. August 2019:

„Dass alle Gewalt vom Volke ausgeht, lässt sich schwerlich bestreiten – ob es die Bastille stürmt, Synagogen anzündet, die Stasizentrale besetzt oder Flüchtlingsheime in Brand setzt. Michael Wildt, Professor an der Berliner Humboldt-Universität, spricht deshalb mit Recht im Titel seines jüngsten Buches von der „Ambivalenz des Volkes“. mehr lesen…

Alltagsgeschichte und Eigen-Sinn. Nachruf auf Alf Lüdtke (1943 – 2019)

Alf Lüdtke war ein herausragender Historiker, weil er keinen hierarchischen Dünkel besaß, sondern gleichberechtigt Wissenschaft betrieb. Er hörte zu, ohne auf den akademischen Status zu achten. Neugierig, aufmerksam, aber stets auf Genauigkeit und Differenzierung pochend, hat er wie kaum ein anderer deutscher Historiker nachfolgende Wissenschaftler/innen geprägt und gefördert.

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Hamburg – Stadt ohne Geschichte ?

„Hamburgs Geschichtsignoranz nimmt bizarre Formen an“

Ein erhellender Beitrag von Benedikt Erenz auf ZEIT-Online vom 6. Dezember 2018

„Vergangenheit, Erinnerung, kann furchtbar lästig sein. Ballast, der alle stört, die frisch in die Welt hinausschreiten. Oder -segeln. Obwohl die Reise dann auch schnell wieder zu Ende ist. Denn ohne Ballast kentert das Schiff beim ersten Sturm, in Hamburg weiß man das. In Hamburg wusste man das mal. Aber von diesen Kenntnissen scheint nicht viel übrig zu sein.“ Mehr lesen…

Schicksalsjahr 1938

Deutschland, 9. November 1938: In der sogenannten Reichspogromnacht beteiligen sich zahlreiche Menschen an Gewalttaten gegen Juden. Um die brutalen Übergriffe zu analysieren, muss man das ganze Jahr in den Blick nehmen. Eine Zeit, in der das NS-Regime begann, seine Expansionspläne umzusetzen; in der es die systematische Deportation von Zehntausenden Menschen organisierte und den Terror als Mittel forcierte, um die Juden außer Landes zu treiben.
Gastbeitrag für ZEIT-online. Hier mehr lesen….

Hugo Heymann und die Dienstvilla des Bundespräsidenten

Seit einigen Wochen wird in der Presse über die Dienstvilla des Bundespräsidenten im Berliner Stadtteil Dahlem berichtet (Süddeutsche Zeitung, Spiegel-online, Welt und andere). Es geht um die Erinnerung an den jüdischen Vorbesitzer Hugo Heymann, der die Villa 1926 erworben und Anfang Februar 1933 zu sehr ungünstigen Bedingungen verkauft hat – zu einer Zeit, als Adolf Hitler seit einer Woche Reichskanzler war und die neue Regierung keinen Hehl aus ihrer antisemitischen Politik machte. In einem „Tagesspiegel“-Artikel vom 6. September habe ich die Geschichte des Ehepaars Heymann zusammengefasst. Link zum Artikel

2016 hatten Frau Dr. Julia Hörath und ich im Auftrag des Bundespräsidialamtes ein Gutachten verfasst, (Weiterlesen →)

Die ersten 100 Tage

Am 20. Januar 2017 wurde der 45. Präsident der Vereinigten Staaten in sein Amt eingeführt. Kaum ein Tag vergeht seitdem ohne mediale Berichterstattung über die „Politikführung“, die Twitter-Meldungen oder sonstige Inszenierungen Donald Trumps. Erinnert sei etwa an die Wrestling-Szenen, die vor ein paar Tagen um die Welt gingen, mit denen Trump die JournalistInnen des Senders CNN demütigen wollte.

Hundert Tage nach der Amtseinführung in Washington, lud das Einstein Forum in Potsdam die Historiker Bernd Greiner und Michael Wildt zu einer Diskussion über die gesellschaftlichen Folgen des autokratischen Politikstils Trumps ein. (Weiterlesen →)

Solidarity with Jan Grabowski

June 19, 2017

Esteemed Calin Rovinescu, Chancellor of the University of Ottawa,

We the undersigned scholars of the Holocaust Era, the Second World War, Modern History and other closely related disciplines would like to express our firm support for Professor Jan Grabowski, who most of us have known professionally as a colleague for many years. We can attest to the fact that he is a scholar of impeccable personal and professional integrity. His scholarship holds to the highest standards of academic research and publication, and for such he has earned widespread acclaim in academia, as well as honors and awards.(Weiterlesen →)

Inge Marßolek

Foto: Andrea Genest
Foto: Andrea Genest

Am 16. April wäre Inge Marßolek, eine wunderbare Freundin und kluge Historikerin, 70 Jahre geworden:

„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ (John Green), heißt es in der Todesanzeige für Inge. Nur wenige Wochen dauerte es von der Krebsdiagnose bis zu ihrem Tod am 12. August 2016. Auf dem Herausgeber_innen-Treffen von WerkstattGeschichte am 28. Mai in Berlin hat sie noch engagiert mitdiskutiert und den Vorsitz des Vereins für kritische Geschichtsschreibung an Eckart Schörle übergeben. Mit Inge verlieren wir eine kluge, erfahrene, offene und herzliche Kollegin, Historikerin, Freundin, die WerkstattGeschichte mitgegründet und die Zeitschrift mitgeprägt hat.
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Volksjustiz

Wer wissen möchte, was geschieht, wenn das Volk Recht spricht, findet in dem Theaterstück „Terror“ von Ferdinand von Schirach, das am 17. Oktober mit großem Medienrummel im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, ein anschauliches Beispiel. Darin geht es um ein fiktives Gerichtsverfahren gegen einen Kampfjetpiloten der Bundesluftwaffe, der – in einem fiktiven Fall – ein Passagierflugzeug mit 164 Passagieren abgeschossen hat, das von einem Terroristen in seine Gewalt gebracht worden war und offenbar auf ein Stadion gelenkt werden sollte, in dem sich rund 70.000 Menschen aufgehalten hatten. Dürfen 160 Menschenleben geopfert werden, um 70.000 Menschenleben zu retten?

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